Nährstoffe können zur Verhinderung von Demenz beitragen. Wichtig sind hier vor allem Vitamin D, B-Vitamine und Omega-3-Fettsäuren

In meinem Artikel „Demenz und Nährstoffe“, der 2017 in der Zeitschrift EHK erschien, geht es um den positiven Einfluss der Nährstoffe Vitamin D, B-Vitamine und Omega-3-Fettsäuren auf das Demenzrisiko.

Im 21. Jahrhundert wird Demenz zu einem erheblichen sozialen Problem werden. Über 10 Millionen deutsche Bürger werden über 80 Jahre alt sein. Davon werden 2 Millionen an Demenz leiden. Aufgrund der hohen Pflegebedürftigkeit werden 80 % der Dementen in Heimen wohnen müssen. Dies stellt nicht nur Belastungen für die gesamte Gesellschaft dar, sondern bedeutet auch Leid für jedes Einzelschicksal.

Vitamin D, B-Vitamine und Omega-3-Fettsäuren sind erfolgsversprechende Nährstoffe, um präventiv gegen Demenz vorzugehen. Außerdem können nicht nur einen Teil der Demenzen vermieden werden, sondern auch soziale Kosten eingespart werden.

Demenz – Der Nährstoff Vitamin D: Schutz für Knochen und Hirn

Bekanntlich ist Vitamin D gut für die Knochen. Vitamin schützt aber auch Zellen im Hirn, was etwas überraschend scheint.

Aktuelle Metaanlyse

In einer aktuellen Metaanalyse wurden signifikante Zusammenhänge zwischen dem Vitamin-D-Spiegel und der Häufigkeit an Demenz zu erkranken festgestellt. Es wurde das relative Risiko für Demenz bei unterschiedlich hohen Versorgungen mit Vitamin D untersucht (Cut off Level bei 50nmol/l). Verglichen mit den Studienteilnehmern, die eine gute Vitamin-D-Versorgung aufwiesen, lag das Risiko für Teilnehmer unterhalb von 50nmol/l für alle Demenzformen bei 1,63. Das Risiko für Alzheimerdemenz lag ebenfalls signifikant höher bei 1,21.

Weitere Untersuchung: kann eine gute Vitamin  D Versorgung das Demenzrisiko halbieren?

Eine weitere Untersuchung prüfte die Erkrankungsraten von älteren Menschen, die gesund waren, zu Demenz und insbesondere Alzheimer. Je nach Höhe des Vitamin-D-Spiegels wurden die Teilnehmer in 3 Gruppen eingeteilt, wobei sich schon nach 2 Jahren deutliche Unterschiede erkennen ließen. Es ergaben sich doppelt so hohe Erkrankungsraten bei der Gruppe mit einer niedrigen Vitamin-D-Versorgung, im Vergleich zu der Gruppe mit einem hohen Vitamin-D-Spiegel. Daraus kann gefolgert werden, dass möglicherweise eine gute Vitamin-D-Versorgung die Anzahl der an Demenz erkrankten halbieren könnte.

Interventionsstudie: Verbesserungen beim MMSE

Eine Interventionsstudie untersuchte den Einfluss von entweder Vitamin-D oder dem Antidementivum Memantine auf kognitive Fähigkeiten anhand des MMSE-Tests (Mini-Mental-Status-Test) bei über 85 Jahre alten Patienten, bei denen Alzheimer diagnostiziert wurde. Es ließen sich keine Unterschiede zwischen der Wirkung des Nährstoffs und Memantine erkennen, der Wert blieb konstant. Demnach ist Vitamin D eine gute Alternative zu Memantine, da letzteres sehr kostspielig ist und zahlreiche Nebenwirkungen verursachen kann. Wenn die Probanden jedoch sowohl Vitamin D als auch Memantine einnahmen, ergaben sich bemerkenswerte Verbesserungen beim MMSE.

Demenz – Der Nährstoff Vitamin B: Ebenfalls wichtig zur Demenzprävention

Homocystein-Spiegel

Homocystein (eine nicht proteinogene Aminosäure) soll nicht nur arteriosklerotische Erkrankungen (z.B. Herzinfarkt oder Apoplex) begünstigen, sondern steht auch unter Verdacht die Entwicklung einer Demenz zu fördern. In einer Untersuchung mit 56 Demenzpatienten und 424 Kontrollpersonen wurde der Homocystein-Spiegel gemessen, wobei sich der Unterschied zwischen Erkrankten und Gesunden als hochsignifikant herausstellte. (Ein Spiegel unter 10 µg/l ist optimal, 10-15 µg/l ist leicht erhöht und über 15 µg/l ist deutlich erhöht.) In der Studie lag der Cut off folglich bei 15 µg/l. Daraus errechneten die Forscher, dass das Risiko bei einem Homocystein-Spiegel von 15 µg/l über 5-mal so hoch war an Demenz zu erkranken.

Homocystein-Spiegel bei Fleischessern und Veganern?

Menschen, die viel Fleisch konsumieren, weisen oft hohe Homocystein-Spiegel auf, da zu viel Methionin (Vorstufe von Homocystein) durch tierisches Eiweiß und zu wenig folsäurereiche Gemüse konsumiert werden. Allerdings weisen oft auch Vegetarier und insbesondere Veganer höhere Homocystein-Spiegel auf, da nahezu keine Vitamin-B12-Versorgung vorhanden ist, wenn nicht zusätzlich zur Nahrung substituiert wird.

Bei Veganern ließen sich Durchschnittswerte von 12,8 µg/l messen im Vergleich zu 10,6 µg/l bei Vegetariern und 8,8 g/l bei Omnivoren. Viele Langzeitveganer werden dementsprechend auch Werte über 15 µg/l aufweisen, was neben den Mängeln an lebensnotwendigen Nährstoffen wie Vitamin B12, Vitamin D, Omega-3-Fettsäuren sowie ggf. Eisen, Selen und Zink, das Risiko erhöht an Demenz zu erkranken.

Interventionsstudie

In einer Interventionsstudie wurde Teilnehmern (über 70 Jahre alt) entweder eine hohe Dosis an B-Vitaminen oder Placebo verabreicht. Durch MRT wurde anfangs und nach 2 Jahren die Hirnatrophie gemessen. Diese konnte in der Vitamin-B-Gruppe um 40 % gesenkt werden. Zusätzlich wurden die Omega-3-Spiegel gemessen (hier aber keine zusätzliche Substitution von Omega-3-Fettsäuren) und man stellte fest, dass die Spiegel nur bei jenen gesenkt wurden, die neben der Vitamin-B-Medikation auch eine gute Omega-3-Versorgung hatten.

Demenz – Der Nährstoff Omega-3: Kann man mit Fischen gegen Demenz anschwimmen?

Fischkonsum vs. MRT-Messergebnissen

In einer weiteren Studie mit 260 gesunden Teilnehmern wurden Schädel-MRT durchgeführt. Mittels eines Ernährungsfragebogens wurde der angegebene Konsum von Fisch mit den MRT-Messergebnissen verglichen. Es ergab sich eine positive Korrelation zwischen der erkennbaren grauen Hirnsubstanz im frontalen orbitalen Cortex (Regelung der Emotionskontrolle, Impulskontrolle und soziale Anpassung) sowie im Hippocampus (wichtige Schaltzentrale der Gedächtnisfunktionen) und dem Fischkonsum.

DHA bei Demenz

Eine andere Studie, an der 266 Heimbewohner im Alter von 66 bis 100 Jahren teilnahmen (42 litten an Demenz, davon 30 an Alzheimer), ermittelte von diesen die DHA-Spiegel. Die Probanden wurden anschließend in Gruppen entsprechend ihrer DHA-Konzentration eingeteilt. Bei Personen mit einer guten DHA-Versorgung wurde das Risiko an Demenz bzw. Alzheimer zu erkranken um mehr als die Hälfte bis nahezu zwei Drittel gemindert. Wenn DHA durch das Essen aufgenommen wurde, lag die Minderung des Risikos bei fast ¾.

Zudem ergab eine weitere Studie mit 899 Teilnehmern, dass durchschnittlich etwa 0,18 g DHA (drei große Portionen fetter Seefisch oder 1 TL Fischöl) täglich verzehrt werden sollten, um das Demenzrisiko zu halbieren.

 

Amyloide tragen zur Entwicklung von Alzheimer bei. Könnte die Entstehung dieser verringert werden, wäre sie eine gute Maßnahme gegen Alzheimer.

Studie an Mäusen

Eine Studie mit Mäusen ergab, dass nach bereits 6 Monaten die Gruppen, die DHA oder DHA-DPA (eine weitere Omega-3-Fettsäure) im Futter bekamen, gegenüber der Placebo- und DHA-ARA (Arachidonsäure aus tierischen Fetten) Gruppe, signifikant weniger Amyloide aufwiesen. Amyloide sind Protein-Fragmente, die der Körper produziert. Im gesunden Gehirn werden die Fragmente vernichtet und zersetzt. Bei Alzheimer häufen sie sich an und werden unauflöslich. Diese setzen sich zwischen den Neuronen im Gehirn. Aus den Ergebnissen der Studie lässt sich schließen, dass es sinnvoll sein könnte, nicht nur mehr Omega-3-Fettsäuren zu konsumieren, sondern zusätzlich weniger tierische Fette, wie etwa in einer pesco-vegetarischen Ernährung.

Können Hirnzellen sich noch bis ins hohe Alter teilen?

Vor einigen Jahren fand man heraus, dass anders als lange angenommen, sich Hirnzellen noch bis ins hohe Alter teilen können. Hier ergab eine Untersuchung, dass bei einer Gabe von 1.500 mg EPA/DHA täglich (etwa 1 EL) der BNF-Spiegel (ein Botenstoff, der an Proliferation, Migration und Regeneration von Nervenzellen beteiligt ist) bei fast allen Teilnehmern nach 3 Monaten verdoppelt wurde. Auch dies könnte Demenz verhindern.

Bei nicht an Demenz erkrankten Personen hat DHA ebenfalls einen Einfluss auf die Hirnleistung, wie eine große Studie zeigt. 24 Wochen lang bekamen die Probanden täglich 900 mg DHA oder Placebo. Die kognitiven Fähigkeiten der DHA-Gruppe waren signifikant höher, sie machten weniger Fehler. Ihre mentalen Fähigkeiten waren sogar so viel besser, dass sie vergleichbar mit denen von 3 Jahre jüngeren Menschen waren.

Fazit: Nährstoffe können Kognition erhalten

Ich gebe meinen demenzgefährdeten Patienten so viele B-Vitamine, dass ein Homocystein-Spiegel von unter 10 µg/l erreicht wird. Auch ein Vitamin-D-Defizit sollte unbedingt behoben werden. Hier empfehle ich meinen Patienten einen Spiegel von 100-150 nmol/l, meist durch Gabe von 2.000-6.000 IE täglich zu erzielen.

Hinsichtlich der zahlreichen Studien scheint auch eine gute Omega-3-Fettsäuren-Versorgung präventiv gegen Demenz zu wirken. Der AA/EPA-Quotient sollte hierbei unter 2,5 liegen. Bei nur einer Fischmahlzeit wöchentlich liegt der Quotient bei meist 10, bei noch weniger Fischkonsum, aber mehr Fleischkonsum liegt er sogar bei 15 oder 20. Um auf einen Quotienten von 2,5 zu kommen, müssen etwa 1 EL eines qualitativ hochwertigen Fischöls, bei fischarmer Ernährung oder Übergewicht 1,5-2 EL täglich, eingenommen werden.

Um das Demenzrisiko zu halbieren, könnten also alle genannten Einflussfaktoren kombiniert werden; also ausreichend B-Vitamine, Vitamin D und Omega-3-Fettsäuren konsumieren sowie regelmäßig sportlich aktiv werden, um bis ins hohe Alter die Hirnfunktion zu stärken.

Kasuistik:

Eine Patientin kam mit sehr niedrigen Kalziumwerten und erhöhten AP (alkalische Phosphatase) zu mir. Der Vitamin-B12-Spiegel lag bei 136 und der Vitamin-D-Spiegel konnte nicht ermittelt werden, da er unter der Nachweisgrenze des Labors lag. Nach 3-monatiger hochdosierter Gabe der defizitären Nährstoffe, stieg das Kalzium, nach einem Jahr hatte AP einen normalen Wert erreicht und nach 2 Jahren war der Homocystein-Spiegel akzeptabel. Die Patientin ernährte sich die vergangen 20 Jahre vegan, was der vermutliche Grund für diese Mangelzustände gewesen sei.

Von einem weiteren Fall erzählte mir ein Kollege: ein 60-jähriger Lehrer, der von seinen Schülern auf seine Demenz aufmerksam gemacht wurde, nachdem er die gleiche Unterrichtsstunde 3-mal hintereinander hielt.

Er wies erschreckende Mängel an Vitamin B12, Vitamin D und Omega-3-Fettsäuren auf. Durch gezielte hochdosierte Behandlung mit diesen Nährstoffen, verbesserte sich seine Hirnleistung und er kann mittlerweile wieder als Lehrer arbeiten, sogar als Schuldirektor.

Alle Verweise zu den aufgeführten Studien sowie Grafiken finden Sie im Originalartikel.

Quelle: EHK 2017