In meinem Artikel ω-3-Fettsäuren bei Migräne, welcher 2018 in der Zeitschrift für Orthomolekulare Medizin erschienen ist, geht es um einen Migräne-Patienten, der durch die regelmäßige Einnahme von Fischöl von seinen Beschwerden befreit werden konnte.

Symptomatik und Therapie von Migräne

Einer meiner Patienten (Alter: 50 Jahre) litt bereits seit seiner Kindheit unter Migräne. Im Rahmen einer Amalgamsanierung (Entfernung von Amalgamfüllungen) vor etwa 30 Jahren konnte die Frequenz zwar um die Hälfte reduziert werden, jedoch trat pro Woche noch immer mindestens ein Migräne-Anfall auf. Iboprufen und ASS (kurz für das Schmerzmittel Acetylsalicylsäure) erwiesen sich zum Teil als wirksam. Wiederholt waren jedoch auch stärkere Medikamente von Nöten, welche den Patienten auch trotz dessen nicht vor Übelkeit, erhöhter Licht- und Geräuschempfindlichkeit sowie massivem einseitigem Kopfschmerz bewahren konnten (VAS 8-10). Ferner war mein Patient von einer außergewöhnlich starken Empfindlichkeit gegenüber Alkohol betroffen, sodass bereits 1 bis 2 Gläser Wein regelmäßig zu starken Kopfschmerzen am nächsten Morgen führten.

Vor 6 Jahren begann der Patient mit der Einnahme von Fischöl. Seit diesem Zeitpunkt lebt er laut eigenen Angaben beschwerdefrei und benötigt keinerlei Schmerzmedikamente mehr. Er berichtete zudem freudig, dass der Genuss von Alkohol nun keine Kopfschmerzen mehr nach sich ziehe. Selbst dann, wenn im Verlaufe eines ausgelassenen Abends mal eine ganze Weinflasche geleert werden sollte. Der AA/EPA-Quotient wurde leider vor Beginn der Einnahme nicht bestimmt. Hierbei handelt es sich um das Verhältnis von der Omega-6-Fettsäure „AA“ (Arachidonsäure) zu der Omega-3-Fettsäure „EPA“ (Eicosapentaensäure).Unter der Einnahme des Fischöls beträgt der Quotient 1,8.

Therapeutischer Einsatz von Omega-3-Fettsäuren bei Migräne

Die folgenden Punkte resultieren aus meinem 20-jährigen Erfahrungswissen in der Therapie-Anwendung von Omega-3 -Fettsäuren sowie meiner 6-jährigen Threapie-Expertise mit flüssigem Fischöl.

  • Leinöl kann wegen seines hohen Anteils an Omega-3-Fettsäuren (ca. 60% ALA) als gutes Omega-3-Öl eingeordnet werden. Der Körper kann die pflanzliche Fettsäure ALA allerdings nur zu einem äußerst geringen Prozentsatz in die wirksamen Omega-3-Fettsäuren EPA und DHA umwandeln. Bisher konnte ich bei keinem meiner Patienten, der täglich 2 Esslöffel Leinöl oder mehr einnahm, einen zufriedenstellenden Omega-3-Index oder AA/EPA-Quotienten feststellen. Daher solle Leinöl lediglich zusätzlich zu Fisch- oder Algenöl, nicht jedoch alternativ anwendet werden.
  • Fischöl ist im Gegensatz zu Leinöl reich an den lebensnotwendigen Fettsäuren EPA und DHA. Und ich möchte Sie gleich zu Beginn beruhigen: ein gutes Fischöl schmeckt – entgegen der Erwartung Vieler – nahezu gar nicht nach Fisch. Erst wenn ein Öl bereits verdorben ist, beginnt es unangenehm zu riechen bzw. tranig zu schmecken. Bei einem flüssigen Öl kann die Qualität des Produktes daher auf einfachem Wege beurteilt werden. Bei Fischöl-Kapseln empfiehlt es sich, nach Erwerb einmalig auf eine Kapsel zu beißen, um beurteilen zu können, ob dieses ranzig ist. Kommt es nach der Kapseleinnahme zu einem unangenehm, fischigen Aufstoßen, kann ebenfalls davon ausgegangen werden, dass das darin enthaltene Fischöl bereits verdorben ist. In diesem Fall sollte das Produkt besser entsorgt werden.
  • Krillöl verfügt über ebenso positive Eigenschaften wie Fischöl. Um auf die zumeist empfohlene Mindestmenge von 2 g EPA/DHA pro Tag zu kommen, fallen im Hinblick auf die handelsüblichen Krillöl-Preise jedoch Kosten in Höhe von 10-20 Euro an – und das jeden einzelnen Tag! Somit ist eine Therapie mit Krillöl in etwa 10-mal teurer als eine Fischöltherapie mit gleicher EPA/DHA-Dosierung.

Bestimmung der notwendigen Dosierung bei Migräne

Jeder Therapie sollte zunächst eine Diagnostik – in diesem Fall eine Fettsäure-Analyse – zugrunde liegen. Liegt der dabei ermittelte AA/EPA-Quotient bei ungefähr 10, ist eine tägliche Einnahme von 2 g Omega-3 empfehlenswert. Das entspricht 1 Esslöffel natürlichem Fischöl oder 15 handelsüblichen Kapseln mit je 500 mg Fischöl. Bei einem Quotienten von 15 benötigt der Körper bereits 3 g Omega-3, also 1 ½ Esslöffel Öl oder 20 Fischölkapseln. Liegt der Wert über 20, rate ich zu 4 g Omega-3, was 2 Esslöffel Öl oder 30 Kapseln entspricht.

Da meine Patienten Kapseln oftmals nicht in dieser Fülle zu sich nehmen möchten, fällt die Wahl häufig auf das Öl. Selbst aufkonzentrierte Kapseln in größerem Format, bei welchen lediglich ein Drittel bis die Hälfte der Menge einzunehmen ist, werden oft als kaum tragbar eingestuft.

Das Körpergewicht spielt ebenfalls eine Rolle bei der Dosierung. Wiegt ein Kind besipielsweise zwischen 30 und 40 kg, bedarf es in etwa der Hälfte der beschriebenen Dosierung. Bei einem Gewicht von über 100 kg erhöht sich die empfohlene Dosis dementsprechend um 50%. Ein gesteigerter Bedarf an Omega-3-Fettsäuren entsteht des Weiteren auch bei einem hohen Verzehr von tierischen Fetten. Steht dagegen besonders häufig Fisch auf dem Speiseplan, kann die benötigte Dosis auch etwas geringer ausfallen.

Eine optimale Aufnahme von Omega-3-Fettsäuren im Körper wird am besten gewährleistet, wenn diese direkt vor, während oder im Anschluss an eine Mahlzeit eingenommen werden. Da die Resorption von Mensch zu Mensch sehr unterschiedlich ist, sollte die Fettsäure-Analyse nach 3 bis 4 Monaten ein weiteres Mal durchgeführt werden. Dabei ist zu beachten, dass sich die Analyse der Erythrozyten als zuverlässiger als eine Untersuchung des Blutserums erwiesen hat, da letztere leichter von kurzfristigen Änderungen beeinflusst werden. Basierend auf der zweiten Fettsäure-Analyse wird die Therapie indiduell auf die Bedürfnisse das Patienten abgestimmt und – falls erforderlich – die Dosierung angepasst.

Fazit

In meinem Therapie-Alltag ist die Verabreichung eines hochwertigen natürlichen Fischöls oder Algenöls bei einer Vielzahl an Erkrankungen kaum mehr wegzudenken. Um einen optimalen Therapieerfolg zu erzielen, sollte sich die Behandlung am vorliegenden AA/EPA-Quotienten des Patienten orientieren. Dieser kann im Rahmen einer Fettsäure-Analyse bestimmt und durch eine anschließende Kontrolle nach 3 bis 4 Monaten suptil optimiert werden. Ich rate zudem häufig zu einer komplementären Therapie mit weiteren Nährstoffen wie Vitamin D (gute Wirksamkeit bei Inflammation), Selen oder Phytotherapeutika (beispielsweise Curcuma, bei Inflammation Boswellia). In bestimmten Fällen kann auch eine Kombination mit konventioneller Medizin wie Cortison oder NSAR sinnvoll sein.

Quelle: V. Schmiedel ω-3-Fettsäuren bei Migräne. OM – Zs. f. Orthomol. Med. 2018; 16: 23–24