Abnehmen mit Omega-3

Seit einiger Zeit gibt es Hinweise darauf, dass unter einer vermehrten Zufuhr von Omega-3-Fettsäuren in Form von Fischöl im Vergleich zu anderen Fettsäuren eine erleichterte Gewichtsreduktion möglich ist. Es sollen hier beispielhaft einige Studien vorgestellt werden, die diese Hinweise stützen bzw. das Wirkprinzip einer besseren Lipidoxidation aufklären.

Bedeutung brauner Fettzellen

Bis vor wenigen Jahren ging man davon aus, dass braune Fettzellen nur bei Säuglingen und bei kleinen Nagetieren vorhanden sind. Braune Fettzellen sind zur Thermogenese ohne Induktion motorischer Aktivitäten fähig. Üblicherweise wird Wärmeenergie durch Kältezittern erzeugt. Weiße Fettzellen speichern also Energie in großer Dichte (1 Gramm Fett enthält 9,3 kcal oder 38,9 kJ), braune Fettzellen dagegen verbrennen Lipide unter Wärmeentwicklung. Auch im Ewachsenenalter ist die Umwandlung von weißen zu braunen Fettzellen prinzipiell möglich. Gäbe es Möglichkeiten, durch diätetische Maßnahmen diese Konversion zu unterstützen bzw. die Thermogenese in den Adipozyten zu induzieren, so könnten daraus praktische Empfehlungen zur Prävention bzw. zur Therapie von Adipositas und der damit verbundenen Folgekrankheiten abgeleitet werden.

Pisani et al. (6) fanden heraus, dass die Omega-6-Fettsäure Arachidonsäure die Konversion von weißen zu braunen Fettzellen inhibiert. Arachidonsäure kommt nur in tierischen Fetten vor. Der Konsum von Arachidonsäure nimmt seit Jahrzehnten progredient zu. Dies könnte eine Mitursache für die zunehmende Inzidenz von Adipositas in westlichen Gesellschaften, mit zunehmenden Konsum tierischer Lebensmittel aber auch immer mehr in Schwellenländern sein.

Klinische Studien zur Gewichtsreduktion unter Omega-3-Fettsäure

Epidemiologische Studien fanden Zusammenhänge zwischen Adipositas und niedrigen Spiegeln von Omega-3-Fettsäuren. Inzwischen gibt es einige interventionelle Studien, die sich der Frage stellen, ob eine Gewichtsreduktion unter Zufuhr von Omega-3-Fettsäuren erleichtert werden kann.

Munro et al (4) gaben weiblichen Versuchspersonen 4 Wochen lang entweder 6x1g Ölkapseln (n=19) mit einem hohen Anteil einfach ungesättigter Fettsäuren oder 6×1 g Ölkapseln (n=20) mit Omega-3-Fettsäuren (ca. 2 g EPA plus DHA). Danach erhielten alle Versuchspersonen eine energiearme Diät, nahmen aber die Kapseln weiter ein. Nach weiteren 4 Wochen hatten beide Gruppen eine signifikante Reduktion (p<0,05) von Körpergewicht und BMI erzielt. Die Fischölgruppe lag mit -7,21 % (Körpergewicht) und -7,34 % (BMI) jedoch signifikant besser als die Placebogruppe mit -5,82 % und -5,91 %. Trotz der relativ kleinen Probandenanzahl waren die Differenzen zwischen den Gruppen mit p=0,024 (Körpergewicht) und p=0,027 (BMI) signifkant.

Vasickova et al. (8) untersuchten 120 übergewichtige Kinder (BMI > 30 km/m2, zwischen 8 und 12 Jahren. Die Kinder erhielten 3 Wochen lang 342 mg EPA/DHA. Die Kinder mit Omega-3 erzielten eine signifikant bessere Gewichtsreduktion und Reduktion des Cholesterins (p<0,05) im Vergleich zur Kontrollgruppe).

Parra et al. (5) gaben leicht Übergewichtigen (Alter 31 Jahre, BMI 28,5 kg/m2) eine Diät mit weniger als 260 oder mehr als 1300 mg langkettigen Omega-3-Fettsäuren. Das Sättigungsgefühl direkt sowie 2h nach einer Testmahlzeit war in der Omega-3-Gruppe signifikant besser als in der Kontrollgruppe. Besseres Sättigungsgefühl könnte eine Erklärung für die bessere Gewichtsreduktion unter Omega-3-Fettsäuren sein.

Kunesová et al. (3) gaben 20 deutlich übergewichtigen Frauen drei Wochen lang eine sehr kalorienarme Diät mit Omega-3-Fettsäuren oder mit Placebo. Beide Gruppen erzielten Verbesserungen anthrometrischer Paramter mit signifikanten Vorteilen zugunsten der Omega-3-Gruppe (Gewicht -7,55 vs. 6,07 kg, BMI -2,92 vs -2,22 kg/m2, Hüftumfang -4,8 vs. -2,5 cm). Nach Meinung der Autoren verstärken Omega-3-Fettsäuren die Wirkung einer kalorienarmen Diät bei Übergwichtigen.

Hill et al. (1) verglichen den Einfluss von Omega-3-Fettsäuren bei gleichzeitiger Bewegugnstherapie. Übergewichtige mit einem BMI von über 25 kg/m2 wurden in vier Gruppen eingeteilt. Eine Gruppe erhielt 6 g Fischöl, eine andere Gruppe 6 g Sonnenblumenöl täglich. Beide Gruppen erhielten keine Empfehlungen zu einer Bewegungstherapie. Eine dritte Gruppe erhielt 6 g Fischöl plus 3x/Woche 45 Minuten Sport im moderaten Ausdauerbereich (75 % der maximalen Herzfrequenz), die vierte Gruppe erhielt 6 g Sonnenblumenöl plus die Sportempfehlung. Nach 12 Wochen erzielte die Sonnenblumenölgruppe bei einer täglichen zusätzlichen Kalorienzufuhr von mehr als 50 kcal einen Gewichtsanstieg von ca. 600 g, während die Fischölgruppe mit dem Gewicht praktisch unverändert blieb. In den beiden Sportgruppen blieben die Sonnenblumölkonsumenten mit dem Gewicht praktisch unverändert, während die Fischölkonsumenten eine Gewichtsreduktion von mehr als 1500 g erzielten. Zusätzlicher Konsum von Fischöl führt also nicht zu einer Gewichtszunahme, in Verbindung mit körperlicher Bewegung jedoch zu einer deutlich Gewichtsreduktion im Vergleich zu einem anderen Öl (siehe Abb. 1).

Abb. 1: Gewichtsentwicklung unter Fischöl/Sonnenblumenöl ohne bzw. mit Sport

Wirkprinzip der Gewichtsabnahme unter Omega-3-Fettsäuren

Braunes Fettgewebe spielt eine entscheidende Rolle in der Thermoregulation und im bewegungsunabhängigen Energieverbrauch. Die Thermogenese in braunen Fettzellen wird durch ein mitochondriales Enzym (UCP1, uncoupling protein 1, synonym Thermogenin, in der Mitochondrienmembran von Fettzellen lokalisiert) reguliert, welches wiederum vom sympathischen Teil des vegetativen Nervensystems gesteuert wird. Kim et al. (2) teilten junge Mäuse in 5 Gruppen ein. Zwei Gruppen erhielten ein Fischöl mit wenig oder viel EPA, zwei Fischöl mit wenig oder viel DHA sowie eine Kontrolgruppe mit einem anderen Öl. Das DHA-Öl enthielt 25 % DHA und 8 % EPA, während das EPA-Öl 28 % EPA und 12 % DHA enthielt. Der Fischölanteil betrug in der Niedrigdosisgruppe 1,2 % und in der Hochdosisgruppe 2,4 %. Die Mäuse erhielten 45 % Fett, 14 % Eiweiß und 41 % Kohlenhydrate. Alle Mäuse erhielten eine isokalorische Energiezufuhr.

Die Autoren fanden einen sigifikant verringerten Anstieg des Körpergewichts bei allen mit Fischöl gefütterten Mäusen im Vergleich zu einer Kontrollgruppe mit einem anderen Öl. Die beiden EPA-Gruppen erzielten dabei den geringsten Anstieg des Körpergewichts, wobei die Gruppe mit dem hohen EPA-Anteil noch einmal deutlich besser lag. Die beiden DHA-Gruppen erzielten geringere Anstiege des Körpergewichts als die Kontrolgruppe. Der Unterschied zwischen der Gruppe mit hohen EPA-Anteil und der Kontrolgruppe betrug dabei mehr als 10 % (s. Abb. 2A). Identische Effekte fanden sich beim Bauchfettanteil, wobei hier der Unterschied zwischen den Fischölgruppen und der Kontrollgruppe sogar mehr als 20 % betrug (s. Abb. 2B). Der Sauerstoffverbrauch war in den Fischölgruppen deutlich höher als in dr Kontrollgruppe. Hier lagen die EPA-Gruppen auch deutlich höher als die DHA-Gruppen, die hohen Konzentrationen führten zu einem höheren Sauerstoffverbrauch als die niedrigen Konzentrationen. Diese Effekte waren besonders im braunen, weniger im weißen Fettgewebe ausgeprägt (s. Abb. 2C). Der Anstieg der Rektaltemperatur betraf alle 4 Fischölgruppen im Vergleich zur Kontrollgruppe im gleichen Maß, wobei der Temperaturunnterschied ca. ½ Grad Celsius betrug (s. Abb. 2D).

abb-2

Abb. 2: Unterschiede in der Zunahme von Gesamtkörpergewicht (A), Bauchfettanteil (B), Sauerstoffverbrauch (C)und Rektaltemperatur (D) bei Mäusen mit Diäten mit unterschiedlichen Omega-3-Fettsäureanteilen

Dieser Unterschied konnte nicht auf vermehrte Bewegung zurückgeführt werden, wie anhand von Bewegungsmessern registriert wurde (s. Abb. 3B). Vielmehr scheinen neurohormonelle Unterschiede bedeutsam zu sein, wie der Noradrenalinanstieg in den Fischölgruppen andeutet (s. Abb. 3A).

Abb. 3: Anstieg von Noradrenalin im Urin in den Fischölgruppen (A), gleiche Bewegungsaktivität (B) in allen Gruppen

Experiment mit TRVP1-Knockout-Mäusen

TRVP1 (transient receptor receptor potential cation channel subfamily V member, synonym Capsaicin-Rezeptor oder Vanilloid-Rezeptor 1) ist hauptsächlich in den nozizeptiven Neuronen des peripheren Nervensystems lokalisiert und steuert die Thermoregulation über das vegetative Nervensystem. Die Experimentatoren verglichen die Reaktion von Wildtyp-Mäusen (WT, mit dem normalen TRVP1) und Knockout-Mäusen (KO, denen das Gen für die Kodierung von TRVP1 fehlte) auf Diäten mit unterschiedlicher Fettsäurezusammensetzung. Bei den TRVP1-Knockout-Mäusen kam es im Gegensatz zu den Wildtyp-Mäusen zu keiner Gewichtsreduktion, keiner Verminderung des Bauchfettanteils oder des Sauerstoffverbrauchs unter Omega-3-Fettsäurezufuhr (s. Abb. 4). Mitochondriales UCP1 wird unter Omega-3-Fettsäuren stimuliert, aber nicht bei TRVP1-Knockout-Mäusen (s. Abb. 5). Damit ist bewiesen, dass die Effekte von Omega-3-Fettsäuren auf das Körperfett über den sympathischen Teil des vegetativen Nervensytems vermittelt werden.

abb-4

Abb. 4: Omega-3-Fettsäuren vermindern Körpergewicht (A) sowie Bauchfettanteil (B) und erhöhen den Sauerstoffverbrauch (C) bei Mäusen, aber nicht bei TRVP1-Knockout-Mäusen

abb-5

Abb. 5: Stimulation von UCP1 unter Omega-3-Fettsäuren mit stärkerer Wirkung von EPA als von DHA im Vergleich zu TRVP1-Knockout-Mäusen

Der Sauerstoffverbrauch wurde bei den Wildtyp-Mäusen unter Omega-3-Zufuhr gesteigert, wobei EPA zu einer deutlicheren Steigerung führte, was bei den TRVP1-Knockout-Mäusen nicht der Fallwar (s. Abb. 6).

abb-6

Abb. 6: Sauerstoffverbrauch unter Omega-3-Fettsäuren mit stärkerer Wirkung von EPA als von DHA im Vergleich zu TRVP1-Knockout-Mäusen

Fazit und Ausblick

In den letzten Jahren gab es heftige, teilweise mit geradezu religiösem Eifer geführte Debatten um high-carb- oder low-carb-Diäten sowie um eine proteinreiche Diät zur Unterstützung einer angestrebten Gewichtsreduktion. Fettarme Diäten, die vor Jahren propagiert worden waren, sind ja seit längerer Zeit wegen Unwirksamkeit nicht mehr diskutiert wurden. Studien wie die oben erwähnten sollten dazu beitragen, den Fokus wieder auf die Bedeutung von Fetten zu lenken. Omega-3-Fettsäuren, deren Bedeutung in der Prävention und Therapie wichtiger zivilisatorischen Erkrankungen wie Krebs, Herz-Kreislauf-Erkrankungen, Autoimmunkrankheiten sowie Zucker- und Fettstoffwechselstörungen immer mehr zunimmt (Übersicht unter 7), spielen auch eine Rolle im Erhalt eines normalen bzw. in der Normalisierung eines erhöhten Körpergewichts. Klinische Studien belegten eindeutig die Wirksamkeit langkettiker Omega-3-Fettsäuren. Der ausführlich dargestellte Tierversuch deckt den Wirkungsmechanismus (s. Abb. 7) beeindruckend klar und einleuchtend auf. Nicht der Verzicht, sondern die vermehrte Zufuhr von Omega-3-Fettsäuren könnte sich als wirksamer Schlüssel zu einer erfolgreichen Gewichtsreduktion erweisen. Diese Zufuhr sollte in Form fetter Kaltwasserfische bzw. hochwertiger Supplemente erfolgen. Neben einer guten Qualität der eingesetzten Öle sollten aber auch quantitative Aspekte Berücksichtigung finden. Überträgt man die Daten aus dem Mäuseversuch auf einen leicht arbeitenden erwachsenen Menschen mit einer Energiezufuhr von ca. 2000 kcal, so entspricht die Menge an Fischöl in der low-dose-Gruppe ca. 2,5, in der high-Dose-Gruppe ca. 5 g, was wiederum etwa ca. 5 bzw. 10 konventionellen Fischölkapseln oder einem TL reinem Fischöl entspricht. Das Fischöl mit einem höheren EPA/DHA-Verhältnis (wie wir es in den meisten fetten Fischen finden) hat sich dabei als wirksamer als dasjenige mit dem höheren DHA/EPA-Verhältnis erwiesen (wie wir es im Algenöl finden). Ein qualitativ hochwertiges Fischöl in hoher Dosis ist daher zur Unterstützung einer Gewichtsreduktion angeraten.

abb-7

Abb. 7: Stoffwechselweg der Wirkung von Omega-3-Fettsäuren auf Energieverbrauch und Fettabbau (nach 2)

Literatur:

(1) Hill AM, Buckley JD, Murphy KJ, Howe PR: Combining fish-oil supplements with regular aerobic exercise improves body composition and cardiovascular disease risk factors. Am J Clin Nutr. 2007 May;85(5):1267-74.

(2) Kim M, Goto T, Yu R, Uchida K, Tominaga M, Kano Y, Takahashi N, Kawada T: Fish oil intake induces UCP1 upregulation in brown and white adipose tissue via the sympathetic nervous system. Scientific Reports 5, Article number: 18013 (2015)

(3) Kunesová M, Braunerová R, Hlavatý P, Tvrzická E, Stanková B, Skrha J, Hilgertová J, Hill M, Kopecký J, Wagenknecht M, Hainer V, Matoulek M, Parízková J, Zák A, Svacina S: The influence of n-3 polyunsaturated fatty acids and very low calorie diet during a short-term weight reducing regimen on weight loss and serum fatty acid composition in severely obese women. Physiol Res. 2006;55(1):63-72. Epub 2005 Apr 26.

(4) Munro IA, Garg ML: Prior supplementation with long chain omega-3 polyunsaturated fatty acids promotes weight loss in obese adults: a double-blinded randomised controlled trial. Food Funct. 2013 Apr 25;4(4):650-8. doi: 10.1039/c3fo60038f. Epub 2013 Feb 11.

(5) Parra D, Ramel A, Bandarra N, Kiely M, Martínez JA, Thorsdottir I: A diet rich in long chain omega-3 fatty acids modulates satiety in overweight and obese volunteers during weight loss. Appetite. 2008 Nov;51(3):676-80. doi: 10.1016/j.appet.2008.06.003. Epub 2008 Jun 14.

(6) Pisani DF, Ghandour RA, Beranger GE, Le Faouder P, Chambard JC, Giroud M, Vegiopoulos A, Djedaini M, Bertrand-Michel J, Tauc M, Herzig S, Langin D, Ailhaud G, Duranton C, Amri EZ: The ω6-fatty acid, arachidonic acid, regulates the conversion of white to brite adipocyte through a prostaglandin/calcium mediated pathway. Mol Metab. 2014 Sep 16;3(9):834-47. doi: 10.1016/j.molmet.2014.09.003. eCollection 2014.

(7) Schmiedel V: Natürlich Fisch! – Was Sie über Omega-3-Fettsäuren wirklich wissen müssen, TRIAS, 2015

(8) Vasickova L, Stavek P, Suchanek P: Possible effect of DHA intake on body weight reduction and lipid metabolism in obese children. Neuro Endocrinol Lett. 2011;32 Suppl 2:64-7.