Guten Tag Herr Dr. Schmiedel,

vielen Dank, dass Sie sich immer die Zeit nehmen zu antworten.

Ich bin Pta in einer öffentlichen Apotheke und habe selbst ein bisschen mit Depressionen zu tun und beschäftige mich in letzter Zeit häufig mit der orthomolekularen Medizin zum Thema Depression.

Seit November letzten Jahres nehme ich Omega 3 Fischöl, neben Venlafaxin 150mg,  ein und habe auch dass Gefühl, dass es mir besser geht. Nun habe ich folgenden Artikel gelesen und bin etwas verwirrt über das Ergebnis dieser Studie. https://www.mta-dialog.de/artikel/nahrungsergaenzungsmittel-kein-schutz-vor-depressionen.html Sogar im Spiegel, wo eigentlich jeder Artikel zu Pharmathemen von Herrn Sawicki und Herrn Gläske als unwirksam kommentiert wird, gibt es einen Artikel mit Studien zur Wirksamkeit von Nahrungsergänzungsmitteln bei Depressionen. http://www.spiegel.de/gesundheit/psychologie/depressionen-wie-naehrstoffe-bei-der-therapie-helfen-koennten-a-955640.html

Wie deuten Sie die Ergebnisse der MooDFOOD Studie ?

Viele Grüße aus Hamburg

Antwort

Wenn ich ein Studie konzipieren wollte, mit der ich beweisen kann, dass es nicht funktioniert, würde ich sie genau so gestalten:

– Es wurden 1400 mg EPA/DHA gegeben. Ich würde immer mind. 2000 mg geben wollen.

– Es wurden 800 IE Vitamin D gegeben. Damit komme ich vielleicht von einem Vitamin D-Wert von 52 auf 59 nmol/l. Ich brauche, aber einen Wert von 150 nmol/l, um in den “anti-depressiven Bereich” zu kommen.

– Die anderen Nährstoffe (z.B. Selen, Zink) sind hier nicht so wichtig und waren auch nicht hoch dosiert.

– Spiegelmessungen – weder von Omega-3, noch von Vitamin D – vorher und nachher wurden erst gar nicht gemacht. Dann hätte man nämlich gesehen, dass mit diesen Dosierungen nur marginale Verbesserungen erzielt wurden. Wenn ich eine Blutdruckstudie mache und verbessere den Wert durchschnittlich von 165/112 aud 161/109 würde ich auch keinen Einfluss auf die Schlaganfallhäufigkeit erwarten.

– Und jetzt kommt der dickste Hammer (im wahrsten Sinne des Wortes): Das waren Übergewichtige! Der durchschnittliche BMI lag bei über 31, d.h. die waren fettsüchtig! Bei normalgewichtigen Menschen wäre die Zufuhr der Nährstoffe schon zuwenig gewesen – bei Fettsüchtigen war das einfach nur unterirdisch.

– Es wurden nur 2 Kapseln gegeben. Daraus kann man schließen, dass es ein aufkonzentriertes, also unnatürliches Fischöl handelt. Aus vielen verschiedenen Gründen halte ich das auch nicht für günstig.

Hier mein Plan: Ich messe bei meinen Patienten Vitamin D und die Fettsäuren, dann gebe ich so viel, dass ich optimale Werte erreiche und kontrolliere das nach drei Monaten und passe das ggf. noch einmal an. Für diese Menschen hätte ich vermutlich 8000 IE (die zehnfache Menge von der in der Studie!) und 4 g EPA/DHA (2 EL Fischöl!) gegeben, aber eben individualisiert.

Das ist natürlich die Crux, wenn Forscher eine solche Studie konzipieren und keine Experten fragen, die sich mit diesen Therapie wirklich praktisch auskennen, und wenn Journalisten eine solche Studie kommentieren, die schon gar keine Ahnung von der Thematik haben.

Also: Nicht beirren lassen. Omega-3 funktioniert bei Depression. Aber messen und optimieren: AA/EPA muss bei 2,5 liegen und Vitamin D bei 150 nmol/l.

Viel Erfolg!

Dr. Volker Schmiedel