In meinem Artikel „Fruktose-Intoleranz: Sind Sie betroffen?“, der im Mai 2017 im Naturarzt erschienen ist, geht es um die Erkennung der Fruchtzucker-Unverträglichkeit und wie man sie erkennen kann.
Zusammenfassung
Etwa 2 bis 5 Prozent der Bevölkerung leiden an Fruktose-Intoleranz, der Unverträglichkeit von Fruchtzucker. Fruktose (Fruchtzucker) wird üblicherweise nur langsam im Darm aufgenommen. Bei einigen Menschen verläuft die ohnehin langsame Aufnahme nochmal verzögert, weshalb sie bereits bei relativ kleinen Mengen Beschwerden bekommen. Wenn Sie den Verdacht haben, an einer Fruktose-Intoleranz zu leiden, können Sie versuchsweise eine Woche nahezu komplett auf Zucker und Früchte verzichten. Wird es dann deutlich besser und bekommen Sie wieder mehr Gasbildung im Bauch, wenn Sie erneut mit Obst beginnen, dann ist eine Fruktose-Intoleranz wahrscheinlich. Nicht jeder verträgt rohes Obst und Gemüse. Das Meiden großer Mengen kalter Speisen, Verzicht auf rohes Obst und Salat sowie die Bevorzugung wärmender Gewürze und warmer Speisen sind hier das Patentrezept. Also: Wir sollten öfter an eine Fruktose-Intoleranz denken und diese im Zweifel auch diagnostisch abklären. Nicht jede Unverträglichkeit eines Apfels aber muss eine Fruchtzucker-Unverträglichkeit sein.
Übersicht
1. Fruktose-Intoleranz: Sind Sie betroffen?
2. Kleine Mengen Obst werden meist problemlos vertragen
3. Diagnostik: Auslassversuch und/oder Wasserstoff-Atemtest
4. Angst vor Vitaminmangel – nur selten berechtigt
5. Oft im Doppelpack: auch an Sorbit-Intoleranz denken!
6. Nicht jeder verträgt rohes Obst und Gemüse
Fruktose-Intoleranz: Sind Sie betroffen?
Kommt Ihnen das bekannt vor? Sie verzehren viel Obst, weil es doch so gesund sein soll. Doch je mehr Sie davon essen, desto stärker treibt Ihr Bauch auf, sie leiden unter Blähungen und krampfartigen Bauchschmerzen. Möglicherweise steckt eine Fruktose-Intoleranz dahinter, das heißt, Sie vertragen den Zucker in Früchten nicht. Naturarzt-Autor Dr. Schmiedel erklärt, wie Sie eine Fruchtzucker-Unverträglichkeit erkennen und damit umgehen können.
Ein 36-jähriger Rechtsanwalt kommt wegen Müdigkeit, Erschöpfung und Antriebslosigkeit in die Sprechstunde. Schon beim Erstgespräch wirkt er eher schwermütig als erschöpft. Obwohl er einen anstrengenden und verantwortungsvollen Job hat, vermute ich eher eine Depression als ein beginnendes Burnout. Die weitere gezielte Befragung ergibt, dass er auch unter Schlafstörungen leidet, wobei besonders das Durchschlafen gestört ist. Weiterhin gibt er einen in den letzten Jahren immer mehr zunehmenden Süßhunger an, den er „wegen der Gesundheit“ teilweise mit Obst stillt. Die Trias Depression, Durchschlafstörungen und Süßhunger weist für mich immer auf einen Mangel am Glückshormon Serotonin hin. Die Frage nach Verdauungsstörungen ergibt einen normalen regelmäßigen Stuhl, aber zunehmende Blähungen, besonders nach dem Essen.
Bei genauem Hinsehen fällt ihm auf, dass die Blähungen umso stärker auftreten, je mehr Obst und Süßes er verzehrt.
Eine Fruktose-Intoleranz ist somit nicht nur der wahrscheinlichste Grund für seine Blähungen, sondern auch für seinen Mangel am Glückshormon Serotonin mit allen oben angegebenen Folgen. Ein Fruktose-Atemtest bestätigt schließlich den Verdacht, wobei er eine mäßige bis starke Unverträglichkeit aufweist. Der weitestgehende Verzicht auf Zucker und Früchte führt zu einem Verschwinden des Blähbauches. Die abendliche Gabe der Serotonin-Vorstufe 5-Hydroxytryptophan (5-HTP) verbessert sowohl Schlaf als auch Stimmung. Bei einer Fruktose-Intoleranz wird nämlich das Tryptophan (Aminosäure, aus der der Körper Serotonin bilden kann) aus der Nahrung im Darm gebunden.
Es kann also nicht aufgenommen und in 5-HTP und dann in Serotonin weiterverarbeitet werden. Nach einigen Wochen hatte sich alles wieder soweit eingespielt, dass er auch das 5-HTP nicht mehr benötigte. Kleinste Mengen von Früchten (z. B. einen Apfelschnitz oder eine Scheibe Banane) verträgt er problemlos.
Kleine Mengen Obst werden meist problemlos vertragen
Etwa 2 bis 5 Prozent der Bevölkerung leiden an Fruktose-Intoleranz, der Unverträglichkeit von Fruchtzucker. Die meisten Betroffenen können zwar kleinere Mengen Fruchtzucker noch gut vertragen, bei höherem Verzehr treten aber unangenehme Bauchschmerzen und Blähungen auf.
Fruktose (Fruchtzucker) wird üblicherweise nur langsam im Darm aufgenommen. Bei einigen Menschen verläuft die ohnehin langsame Aufnahme nochmal verzögert, weshalb sie bereits bei relativ kleinen Mengen Beschwerden bekommen. Es handelt sich dabei aber nicht um eine Allergie, bei der schon geringste Spuren des Auslösers zu einer allergischen Reaktion führen können. Bei der Fruktose-Intoleranz verträgt man – abhängig von der Ausprägung der Unverträglichkeit – mitunter noch bedeutende Mengen gut. Erst wenn eine bestimmte, individuell sehr unterschiedliche Schwelle überschritten wird, treten Völlegefühl und Blähungen auf. Der Leib ist aufgetrieben, mitunter kommt es zu krampfartigen Bauchschmerzen und zu Durchfall.
Während ein gesunder Erwachsener 30 g und mehr Fruchtzucker gut verträgt, führt diese Menge bei einer Fruktose-Intoleranz zu besagter Symptomatik. Die Schwelle kann bei 10 g liegen oder auch schon bei 5 g. Sehr Empfindliche bemerken bereits bei einer Menge von 1 g oder weniger deutliche Beschwerden.
Nach der Ausprägung der Fruktose-Intoleranz richtet sich die Strenge der diätetischen Maßnahmen. Anders als der Name vermuten lässt, ist Fruchtzucker keineswegs nur in Früchten und Fruchtprodukten enthalten. Üblicher Haushalts- oder Kochzucker besteht jeweils zur Hälfte aus Glukose und Fruktose. Darum gibt es bei Fruktose-Intoleranz auch eine Unverträglichkeit gegenüber allen mit normalem Zucker hergestellten Lebensmitteln.
Diagnostik: Auslassversuch und/oder Wasserstoff-Atemtest
Wenn Sie den Verdacht haben, an einer Fruktose-Intoleranz zu leiden, können Sie versuchsweise eine Woche nahezu komplett auf Zucker und Früchte verzichten. Wird es dann deutlich besser und bekommen Sie wieder mehr Gasbildung im Bauch, wenn Sie erneut mit Obst beginnen, dann ist eine Fruktose-Intoleranz wahrscheinlich.
Im Zweifel sollten Sie einen Wasserstoffatemtest durchführen lassen, der heute als Goldstandard in der Diagnostik der Fruktose-Intoleranz gilt. Dabei wird nüchtern eine Atemprobe genommen. Nachdem Sie 25 g Fruktose in Wasser gelöst getrunken haben, geben Sie noch dreimal in stündlichen Abständen eine Atemprobe. Diese Atemproben werden auf die Konzentration an Wasserstoff überprüft. Normalerweise wird die Fruktose bereits in den oberen Darmabschnitten vom Darm aufgenommen. Bei einer Fruktose-Intoleranz ist dies natürlich nicht der Fall. Die Fruktose gelangt in tiefere Darmabschnitte, wo sie von bestimmten Bakterien verstoffwechselt wird. Diese produzieren dabei – quasi als Abgase – Wasserstoff. Der Wasserstoff wird von der Darmschleimhaut aufgenommen und verteilt sich im Körper. Ein Teil davon wird in der Lunge ausgeatmet und kann gemessen werden. Wenn eine bestimmte Wasserstoffschwelle in der Atemluft überschritten wird, gilt die FruktoseIntoleranz als gesichert. Dies ist ein sehr eleganter, einfacher und sicherer Test zum Nachweis (oder Ausschluss) einer FruktoseIntoleranz. Darauf spezialisierte Kliniken und Arztpraxen können ihn durchführen. Es gibt auch Labore, die ihn ambulant anbieten. Einige niedergelassene Ärzte und Heilpraktiker können ihren Patienten das Material für diesen Test geben, damit er ganz bequem zu Hause durchgeführt werden kann dann aber im Körper nicht weiter verarbeitet werden, weil ein bestimmtes Enzym hierfür fehlt. Dadurch kommt es zu einem Anstieg der Fruktose im Blut. Glukose (der eigentliche Blutzucker) wird verdrängt und Symptome einer Unterzuckerung treten auf, die bis zum Schock führen können. Es handelt sich um einen ernsthaften, genetisch bedingten Stoffwechseldefekt und nicht um eine Darmaufnahmestörung. Bei Verdacht auf diese hereditäre Fruktose-Intoleranz darf kein Belastungstest mit Fruktose durchgeführt werden.
Ist durch den Auslass- und Provokationstest die Fruktose-Intoleranz zweifelsfrei nachgewiesen, so müssen eine ganze Reihe von Lebensmitteln weitgehend gemieden werden:
- Süßigkeiten wie Milchschokolade, Pralinen, Bonbons, Schokoladeriegel und Eiscreme sind fruktosereich.
- Honig: Dies gilt auch für mit Honig hergestellte Süßigkeiten.
- Früchte: Fast alle Frucht- und Obstsorten sowie daraus hergestellte Säfte, Limonaden oder Marmeladen enthalten viel Fruktose. Jegliches Trockenobst ist eine regelrechte Fruktosebombe.
- Gemüse ist meist relativ fruktosearm, bei extremer Fruktoseempfindlichkeit und Zufuhr größerer Mengen kann es aber Probleme geben (z. B. süße Gemüse wie gekochte Möhren).
- Dressings: Fertige Salatsaucen sind mitunter reich an Fruktose, viel Zucker steckt insbesondere in Tomatenketchup.
Lebensmittel mit einem Gehalt von unter 1 g pro 100 g Lebensmittel werden meist vertragen, bei allen anderen Gehalten spielt die Ausprägung der Intoleranz eine Rolle. Denken Sie daran, dass auch normaler Haushaltszucker zur Hälfte aus Fruktose besteht und daher ebenfalls gemieden werden muss. Versteckter Zucker ist in vielen, besonders in stark verarbeiteten Lebensmitteln reichlich enthalten.
Angst vor Vitaminmangel – nur selten berechtigt
Fruktose-Intoleranz = weitgehender Verzicht auf Obst = Vitaminmangel. Diese Gleichung ist genauso naheliegend wie falsch. Wie Sie der Tabelle auf Seite 41 entnehmen können, sind die meisten Gemüse so fruktosearm, dass Sie davon reichlich essen können. Wenn Ihre Fruktose-Intoleranz so stark ausgeprägt sein sollte, dass bereits Gemüse zu Beschwerden führt, müssten Sie gegebenenfalls ein Multivitaminpräparat einnehmen.
Im Zweifelsfall können Sie auch Vitamin- und Mineralstoffuntersuchungen im Blut durchführen lassen. Bei den Mineralstoffen (und einigen Vitaminen) ist die Vollblutanalyse allerdings genauer als die üblicherweise durchgeführte Serumuntersuchung.
Auch mit einer Fruktose-Intoleranz lässt es sich leben. Wichtig ist doch: Wenn die Fruchtzucker-Unverträglichkeit als Ursache Ihrer Blähungen, Durchfälle und sonstigen Verdauungsbeschwerden erkannt wurde, können Sie selber aktiv etwas dagegen tun. Zwar müssen Sie gewisse Einschränkungen beim Essen in Kauf nehmen, gewinnen aber viel Lebensqualität durch die Beseitigung der Bauchbeschwerden.
Ein kleiner Trost zum Schluss: Patienten mit Fruktose-Intoleranz haben meist ein ausgezeichnetes Gebiss (weil sie kaum Süßes essen).
Oft im Doppelpack: auch an Sorbit-Intoleranz denken!
Bauchschmerzen, Blähungen und Durchfall können natürlich auf vielen Ursachen beruhen. Falls Sie zuckerfreie Bonbons oder Kaugummis im Verdacht haben, Ihre Beschwerden auszulösen, ist die Wahrscheinlichkeit hoch, dass es sich um eine Sorbit-Intoleranz handelt. Sorbit, auch als Sorbitol, Glucitol oder Hexanhexaol bezeichnet, ist ein Zuckeralkohol, der aus Glukose gewonnen und normalerweise im Dünndarm abgebaut wird. Es wird vielen Diabetiker-Produkten und zuckerfreien Lebensmitteln (z. B. Kaugummis) zugesetzt. Birnen, Aprikosen, Pflaumen, Äpfel, Pfirsiche und Trockenobst enthalten natürlicherweise viel Sorbit.
Um sicher zu sein, dass auch wirklich der Verzehr von Sorbit die Ursache ist, ist es immer empfehlenswert, zunächst konsequent ein Ernährungs-Tagebuch zu führen. Ändern Sie Ihre Ernährungsgewohnheiten erst einmal nicht, damit das Ergebnis nicht verzerrt wird. Fruktose- und Sorbit-Intoleranz gehen häufig Hand in Hand. Wenn Sie das eine haben, sollten Sie darauf achten, ob das andere nicht auch zutrifft – und im Zweifelsfall testen lassen.
Nicht jeder verträgt rohes Obst und Gemüse
Eine sehr grazile, rüstige und sehr aufgeweckte 72-jährige Rentnerin kam mit Bauchschmerzen und Blähungen zu mir. Sie hatte mein Verdauungsbuch gelesen und wusste eigentlich schon, was sie hatte. Da sie Obst und Früchte nicht vertrug, war sie sich sicher, an einer Fruktose-Intoleranz zu leiden. Sie wollte dies durch einen Atemtest bestätigt haben. Sie hatte zwar bereits einmal eine Woche fruktosehaltige Lebensmittel gemieden, was aber nur zu einer 50-prozentigen Besserung geführt hatte. Es musste also noch etwas anderes vorliegen. Ich hatte schon einen Verdacht, gab ihr aber den Test mit und außerdem die Anweisung, einmal eine Woche lang kein rohes Obst und keinen Salat zu essen, sondern warmes Gemüse und sich auch mal abends einen Bratapfel zuzubereiten.
Der Atemtest war in der Tat völlig unauffällig. Und sie hatte in der Woche praktisch keine Beschwerden gehabt. Des Rätsels Lösung: Sie litt nicht an Fruktose-Intoleranz, sondern vertrug aus konstitutionellen Gründen Rohes und Kaltes nicht. Dies kommt besonders bei dünnen, leicht frierenden und geistig und körperlich beweglichen Menschen vor. Außerdem nimmt es im Alter zu. Das Meiden großer Mengen kalter Speisen, Verzicht auf rohes Obst und Salat sowie die Bevorzugung wärmender Gewürze und warmer Speisen sind hier das Patentrezept. Also: Wir sollten öfter an eine Fruktose-Intoleranz denken und diese im Zweifel auch diagnostisch abklären. Nicht jede Unverträglichkeit eines Apfels aber muss eine Fruchtzucker-Unverträglichkeit sein.
Liegt eine Fruktose-Intoleranz vor, stellt sich häufig die Frage, ob denn nun gar nichts Süßes mehr sein darf? Muss der Kaffee oder Tee immer bitter getrunken werden? Was ich sonst gar nicht empfehle: Reine Glukose (Traubenzucker) wird bei Fruktose-Intoleranz vertragen. Reissirup besteht fast ausschließlich aus Glukose und enthält im Gegensatz zu den anderen Sirupen nur sehr wenig Fruktose. Xylit (Birkenzucker) und Stevia gehen auch. Ein wenig Süße im Leben ist also erlaubt.
Quelle: Zeitschrift Naturarzt, Mai 2017
Weiterführende Literatur:
- V. Schmiedel: Alarm im Darm – Mythos Reizdarm: Was Ihrer Verdauung wirklich hilft, Trias, Stuttgart 2016
- K. Khaschei, A. Büscher: Gut essen bei Fruktose-Unverträglichkeit, Stiftung Warentest, Berlin 2016