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In meinem Artikel „Omega-3 gegen den Krebs“, der im Dezember 2017 im Naturarzt erschienen ist, geht es um die Frage welchen Einfluss Omega-3 auf die menschliche Gesundheit hat. Omega-3-Fettsäuren regulieren Entzündungen herunter. Sie beruhigen ein überschießendes Immunsystem, schützen vor gefährlichen Herz-Rhythmus-Störungen und helfen sogar bei Depressionen. Auch in der Krebsvorbeugung und -therapie sollen sie unterstützend wirken. Aber ist das nur frommes Wunschdenken, oder gibt es belastbare Beweise?

Mit Omega-3 gegen den Krebs

In den medizinischen Datenbanken findet man mehrere Hundert klinische Studien und sogar ein Dutzend MetaAnalysen (Zusammenfassung mehrerer gleichartiger Studien) zur Wirkung von Omega3-Fettsäuren bei Krebs. Fettreiche Kaltwasserfische wie Lachs, Hering und Sardinen enthalten reichliche Mengen der wichtigsten entzündungshemmenden Fettsäuren EPA (Eicosapentaensäure) und DHA (Docosahexaensäure). Es gibt mittlerweile deutliche statistische Hinweise, dass eine gute Versorgung mit diesen Omega-3-Fettsäuren zu geringeren Erkrankungsraten bei wichtigen Tumorleiden wie Brust-, Haut-, Lungen- oder Gebärmutterkrebs führt.

In einer kleinen, aber sorgfältigen Studie hat man die Ernährung von über 500 Frauen mit Gebärmutterkrebs mit der von gesunden Frauen verglichen. Dabei stellte sich heraus, dass die Frauen mit der höchsten EPA-Zufuhr ein um etwa die Hälfte verringertes Risiko für diesen gefährlichen Unterleibskrebs aufwiesen. Bei entsprechend hoher Zufuhr von DHA, der anderen maritimen Fettsäure, war das Risiko immerhin noch um ein Drittel reduziert. DHA wirkt auch nicht so stark entzündungshemmend, sondern ist wichtiger für Gehirn und Nerven. Nahmen Frauen irgendein Omega-3-Präparat ein – es wurde hier nicht nach Qualität oder Quantität gefragt –, so sank das Risiko ebenfalls um ein Drittel. Bei einem qualitativ hochwertigen Präparat in einer vernünftigen Dosierung dürfte das Risiko nochmals niedriger sein.

In einer Untersuchung zum Brustkrebs an tausend mexikanischen Frauen fanden Forscher heraus, dass Frauen, die viel ungünstige Omega-6-Fettsäuren (tierische Fette sowie hochungesättigte Fettsäuren aus Pflanzenölen wie Sonnenblumen- oder Distelöl) zu sich nahmen, doppelt so häufig an Brustkrebs erkrankten wie „Normalverbraucherinnen“. Frauen hingegen, die besonders viele Omega-3-Fettsäuren aus Fisch zuführten, bekamen nur halb so häufig Krebs wie die „Normalgruppe“.#

Noch deutlicher waren die Effekte in einer koreanischen Studie. Über 700 Brustkrebspatientinnen und gesunde Frauen füllten einen ausführlichen Erhebungsbogen mit mehr als 100 Fragen zur Ernährung aus. Daraus errechnete man ihren EPA- und DHAKonsum sowie die statistischen Risiken. Das Viertel der Frauen mit dem höchsten Omega3-Konsum hatte ein 80 % geringeres Risiko für einen Brustkrebs vor und ein 75 % geringeres Risiko für einen Brustkrebs nach den Wechseljahren. Und wie sieht es bei den europäischen Frauen aus? Die EURAMIC-Studie wurde in fünf europäischen Ländern durchgeführt. Es gab nahezu die gleichen Resultate: Das Drittel der Frauen mit der höchsten Omegs-3-Zufuhr wies ein um zwei Drittel reduziertes Brustkrebs-Risiko auf.

Studienlage spricht eine klare Sprache

Die weltweit größte Untersuchung erfasste fast 300.000 Frauen verschiedener Länder, von denen fast 9.000 an Brustkrebs erkrankten. In diese Studie wurde der Omega-6/3Quotient einbezogen, also das Verhältnis der „schlechten“, entzündungsfördernden und krebsbegünstigenden Omega6-Fettsäuren im Vergleich zu den „guten“, entzündungshemmenden und krebsverhindernden Omega-3-Fettsäuren. Jede 10-prozentige Senkung des Quotienten (also 10 % mehr Omega-3-Fettsäuren aus Fisch oder 10 % weniger Omega-6 (Fettsäuren aus Fleisch) bedeutete 6 % weniger Brustkrebsfälle. Außer in den USA: Da lag das Risiko sogar um 27 % niedriger. Möglicherweise haben die Amerikanerinnen aufgrund einer besonders Omega-6-reichen Ernährung (viel Fleisch, Käse, Maisöl) einen besonders hohen Nutzen, wenn sie Omega-3-reiche Speisen verzehren.

Und die Männer? Der Effekt von Omega-3-Fettsäuren auf den häufigsten männlichen Krebs, den Prostatakrebs, wurde in den letzten Jahren durchaus kontrovers diskutiert. Schaut man sich aber qualitativ gute Studien an, so sind die Ergebnisse doch recht überzeugend. In einer großen norwegischen Studie sammelte man die Blutproben von annähernd 15.000 gesunden Männern. Innerhalb von 13 Jahren kam es zu fast 500 Fällen von Prostatakrebs. Nun wurden die Blutproben dieser erkrankten Männer auf Fettsäuren untersucht und mit dem Blut von gesunden Kontrollpersonen verglichen. Ergebnis: Das Fünftel mit dem höchsten Spiegel an EPA/DHA hatte ein um etwa 40 % geringeres Risiko für Prostatakrebs.

Pflanzliches Omega-3 ohne Krebsschutz

In dieser Untersuchung wurde auch die pflanzliche Omega3-Fettsäure ALA (aus Lein- oder Rapsöl sowie Chiasamen) gemessen und die statistischen Risiken verglichen. Leider erwies sich pflanzliches Omega-3 als völlig untauglich in der Krebsprävention. Immer wieder höre ich von Vegetarierinnen und Veganern, Leinöl oder Chiasamen seien doch genauso gut wie Fischöl. Die Wissenschaft widerspricht dieser irrigen Auffassung vehement. Obwohl ich intensiv danach gesucht habe, fand ich keine einzige Studie weltweit, die einen Nutzen der pflanzlichen Omega-3-Fettsäure ALA in der Krebsprävention belegt – im Gegensatz zu den maritimen Omega-3-Fettsäuren.

Hilft denn Omega-3 noch, wenn der Krebs bereits ausgebrochen ist? Dass die maritime Fettsäure auch dann noch unterstützt, wenn ein Prostatakrebs bereits besteht, zeigt die folgende Studie. Im Prostatagewebe von 48 Patienten mit einem weniger bösartigen Prostatakrebs wurde der EPAGehalt gemessen. Nach einem halben Jahr erfolgte eine Kontrollbiopsie. Dabei fand sich bei den Männern mit einem guten EPA-Gehalt der Prostata ein deutlich geringeres Fortschreiten der Krebserkrankung.

Und andere Krebsarten? In einer Meta-Analyse wurden Studien zu Omega-3-Zufuhr und Hautkrebs zusammengefasst. Es wurde kein Zusammenhang zwischen Omega-3 und Basalzellkarzinom gefunden. Beim Plattenepithelkarzinom führte ein hoher Omega-3-Konsum zu einer leichten Risikominderung um etwa ein Siebtel. Beide Krebsarten sind die sogenannten „weißen Hautkrebse“. Beim Melanom, dem gefährlichen „schwarzen Hautkrebs“ führte hoher Konsum hingegen zu einer Halbierung des Risikos.

In einer sehr großen Untersuchung an mehr als 50.000 erwachsenen norwegischen Männern und Frauen wurde das Auftreten von Lungenkrebs mit und ohne Omega-3-Ergänzung verglichen. Während in Deutschland, Österreich und der Schweiz nur etwa 5 % der Bevölkerung regelmäßig Omega-3-Präparate einnimmt, nutzt im hohen Norden die Hälfte der Bevölkerung solche Produkte. Da Rauchen, Alter und Geschlecht bekannte Risikofaktoren für Lungenkrebs darstellen, wurden die Daten nach diesen Risikofaktoren adjustiert, d. h. es wurde statistisch einberechnet, ob etwa unter den Omega-3-Konsumenten mehr oder weniger Raucher, Ältere oder Jüngere, Männer oder Frauen waren. Nach dieser Adjustierung blieb eine Halbierung des Krebsrisikos bei Ergänzung von Omega-3 zurück. Norweger, die Omega-3 zusätzlich einnehmen, erkranken unabhängig von Rauchstatus, Alter und Geschlecht nur etwa halb so häufig an Lungenkrebs.

Auch bei den zitierten Norwegern stellt sich wieder die Frage: Bringt Omega-3 noch etwas, wenn der Lungenkrebs schon aufgetreten ist? 46 Patienten mit Lungenkrebs erhielten 2,5 g EPA/DHA oder nicht. Das ist schon eine ordentliche Portion, die mehr als 1 EL Fischöl entspricht. Bei den Patienten ohne zusätzliche Ration Omega-3 schritt der Krebs in 58 % der Fälle voran, nach einem Jahr waren 61 % tot. Das sind keine ungewöhnlichen Zahlen für Lungenkrebs, der eine der tödlichsten Krebsarten überhaupt darstellt. In der Gruppe mit Fischöl schritt der Krebs aber nur in 20 % der Fälle voran, nach einem Jahr waren „nur“ 40 % gestorben. Alle Patienten unterzogen sich einer Chemotherapie. Während ohne Fischöl nur 25 % darauf ansprachen, waren es unter Omega-3 immerhin 60 %. Omega-3 beißt sich also keineswegs mit einer Chemotherapie, sondern verstärkt deren Wirkung offenbar noch (Achtung: Bei einigen Chemotherapien, z.B. Cisplatin, sollte Omega-3 nicht direkt kurz vor oder nach der Chemo genommen werden, zwischen den einzelnen Zyklen ist es aber sinnvoll).

Begleiterscheinungen mit Fischöl lindern

Aber auch die Begleiterscheinungen einer Krebserkrankung lassen sich mit Fischöl lindern. Worunter leiden Krebspatienten am meisten? Es sind nicht Schmerzen, Depression oder Appetitlosigkeit. Es ist der Fatigue, eine große Erschöpfung, von der wir nicht genau wissen, ob sie von der Grunderkrankung oder vielleicht sogar von der Therapie kommt.

Kann Omega-3 hier helfen? 39 Monate nach Diagnosestellung wurde bei mehr als 600 Patientinnen mit Brustkrebs die Fettsäurezufuhr mit dem Auftreten von Fatigue in Beziehung gesetzt. In der Studie hat man die Patientinnen nach dem Omega-6/3-Quotienten verglichen. Das Drittel mit dem höchsten Quotienten – also der höchsten Omega-6- bzw. der niedrigsten Omega-3-Zufuhr – hatte ein 2,6-fach erhöhtes Risiko für das Auftreten eines bedeutsamen Fatigue-Syndroms. Oder umgekehrt: Omega-3 schützt auch nach Auftreten der Krebserkrankung vor dem schlimmsten Krebssymptom, der Erschöpfung. Um einen stabilen Schutz vor Krebs zu haben, ist demnach eine gute Versorgung mit Omega-3 (etwa 2 g EPA/DHA) Voraussetzung. Dies kann mit 300 g Makrelenfilet, einem Esslöffel eines hochwertigen Fischöls oder einer entsprechenden Menge Fischölkapseln gewährleistet werden.

Der Status der verschiedenen Fettsäuren kann heute ganz einfach im Blut gemessen werden und liefert insbesondere bei Krebspatienten eine wichtige Grundlage, um Ernährungs- und Kochgewohnheiten kritisch zu beleuchten. Eine wichtige Kennzahl, der Omega-6/3Quotient, ermöglicht eine Verlaufskontrolle von Ernährungsumstellung und Ergänzung mit Omega-3. Dieser Quotient liegt idealerweise bei 2,5 zu 1.

Liegt der Ausgangswert zwischen 7 zu 1 und 15 zu 1 reicht in der Regel die Einnahme eines Esslöffels Fischöl sowie eine moderate Reduzierung von Wurst, Fleisch, Käse (tierische Produkte, welche viel Omega6-Arachidonsäure beinhalten) sowie Reduzierung von Omega-6-reichen Pflanzenölen wie Sonnenblumen- oder Distelöl, um in die Nähe des Idealbereiches zu kommen. Bei Werten um 7 zu 1 oder sogar darunter (meist wird hier bereits relativ fleischarm und fischreich gegessen) ist es häufig ausreichend, einen Esslöffel Fischöl an fischfreien Tagen einzunehmen. Bei einem Quotienten über 15 zu 1 sollten 1,5 Esslöffel täglich verzehrt werden und bei einem Quotienten über 20 zu 1 bedarf es sogar zweier Esslöffel, um einen präventiv oder therapeutisch wirksamen guten Quotienten von 2,5 zu 1 oder darunter zu erzielen.

Nur eine Geschmacksfrage? Kapseln oder Öl

Gehen nicht auch Fischölkapseln? Selbstverständlich kann eine solche Dosierung auch mit Kapseln erreicht werden. Achten Sie auf die genauen Gehalte an EPA/DHA pro Kapsel, die sich von Hersteller zu Hersteller unterscheiden. Der empfohlene tägliche Esslöffel Fischöl entspricht einer Menge von ungefähr 2 g EPA/DHA. Dafür benötigt man, je nach Hersteller, zwischen vier und fünfzehn Kapseln. Einige Patienten klagen über Aufstoßen mit fischigem oder tranigem Geruch oder Geschmack. Das liegt in der Regel an Präparaten, die oxidierte Fettsäuren enthalten: Das Öl ist also bereits ranzig geworden und sollte auf keinen Fall mehr verzehrt werden. Ich fordere Patienten, die Fischölkapseln nehmen, immer auf, einmal eine Kapsel zu zerbeißen. Dies ist eine einfache Nagelprobe für die Qualität des Ausgangsproduktes. Billige Kapseln weisen nahezu immer einen penetranten, unangenehmen Geschmack auf und sollten strikt gemieden werden. Es gibt auch Kapseln mit „gutem“ Geschmack. Diese befinden sich dann aber in der Regel im höheren Preissegment. Die Tagestherapiekosten können bei einer qualitativ hochwertigen Therapie leicht 5 Euro überschreiten, bei Krillöl sind es meist sogar 10–20 Euro.

Ein tragfähiger Kompromiss ist daher die Einnahme eines qualitativ hochwertigen, flüssigen Präparates. Hier erfolgt bei jeder Einnahme bereits eine Qualitätskontrolle, denn ranzig gewordenes Fischöl wird erst gar nicht toleriert. Viele Patienten können aber auch neutral schmeckendes Fischöl (frischer Fisch schmeckt und riecht bekanntlich kaum nach Fisch) wegen seiner öligen Konsistenz auch nicht gut einnehmen. Sein Vorteil liegt darin, dass man es wie ein Speiseöl verwenden kann. Es lässt sich in Salatsoßen, Suppen etc. problemlos untermischen. Bitte beachten Sie:

  • Das geöffnete Fischöl nicht bei Zimmertemperatur, sondern immer im Kühlschrank aufbewahren.
  • Wenn es beginnt, „fischig“ zu schmecken, nicht weiter verzehren, sondern entsorgen.
  • Das Fischöl darf nicht gebraten werden (Gefahr der Bildung von Transfetten).
  • Das Fischöl sollte auch nicht gekocht werden (Geschmacksveränderungen möglich)

Gerade Krebspatienten sorgen sich, ob Fischöl nicht mit Schwermetallen und Pestiziden belastet sei, da sie diese Belastungen unbedingt meiden möchten. Während Fische tatsächlich einen Fingerabdruck der ökologischen Sünden der Weltgemeinschaft darstellen, ist ein gutes, hoch gereinig-tes Fischöl praktisch frei von Schwermetallen und fettlöslichen Toxinen, was auch durch Toxinanalysen belegt werden kann.

Was raten wir nun aber überzeugten Veganern und Vegetariern, die mit pflanzlichem Omega-3 aus Leinöl und Chiasamen keine krebsschützenden Effekte erzielen können? Veganer weisen häufig schlechtere Fettsäureprofile als intensive Fleischesser auf. Sie haben oft Omega-6/3-Quotienten über 20 zu 1, nicht selten sogar über 30 zu 1. Wer trotz gravierender Erkrankung auf Fischöl verzichten möchte, hat als pflanzliche Alternative das Algenöl. Auch hier muss ein qualitativ gutes Präparat ausgewählt und in einer Dosis im Esslöffelbereich eingenommen werden. Die Ergänzung von Omega-3-Fettsäuren möchte ich in der Therapie nicht mehr missen. Man kann Krebs mit Fischöl nicht sicher davonschwimmen, aber die Wahrscheinlichkeit einer Erkrankung deutlich verringern.

Quelle: Zeitschrift Naturarzt, Dezember 2017

Weiterführende Literatur:

  • V. Schmiedel: Omega-3 – Das Öl des Lebens, Fona, Lenzburg (CH) 2017