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Omega-3-Fettsäuren in der Schwangerschaft–kein Frühchen und
glückliche Mutter

DR. MED. VOLKER SCHMIEDEL

Omega-3-Fettsäuren in der Schwangerschaft–kein Frühchen und glückliche Mutter

Die ausreichende Versorgung mit Omega-3-Fettsäuren kann neben anderen Nährstoffen zu einer komplikationslosen Schwangerschaft und zur Geburt eines gesunden Kindes beitragen: Das Risiko für Frühgeburten, perinatalen Tod, Gestationsdiabetes sowie Depression während der Gravidität und postpartal sinkt. Besonders wichtig sind die maritimen Fettsäuren Docosahexaensäure (DHA) für die Entwicklung des Nervensystems und Eicosapentaensäure (EPA) für die Prävention atopischer Erkrankungen. Empfehlenswert ist die Fettsäurenanalyse in der Erythrozytenmembran vor bzw. zu Beginn der Schwangerschaft und in deren Verlauf. Für die Substitution eignen sich hochwertiges Fisch- oder Algenöl.

Was sind Omega-3-Fettsäuren und welche benötigen wir?

Omega-3-Fettsäuren, im Folgenden Omega-3 genannt, sind mehrfach ungesättigte Fettsäuren mit der ersten Doppelbindung an der 3. Stelle vom Omega-Ende aus gesehen. Sie sind Präkursoren vieler Hormone, die für antiinflammatorische, neuroprotektive, antidepressive und viele weitere Wirkungen verantwortlich sind. Ihre Wirksamkeit in der Prävention und Therapie von zahlreichen Erkrankungen wie Autoimmunkrankheiten, Krebs oder kardiovaskulären Erkrankungen kann aufgrund von mehr als 3000 klinischen Studien und zahlreichen Metaanalysen nicht mehr bestritten werden.

In der Gynäkologie sind Omega-3 so weit anerkannt, dass eine Empfehlung für diese Fettsäuren in
die offiziellen Leitlinien aufgenommen wurde.

Nur die maritimen Fettsäuren EPA (Eicosapentaensäure) und DHA (Docosahexaensäure) sind Präkursoren von Hormonen wie Leukotrienen, Prostaglandinen, Maresinen, Protectinen, Resolvinen u. v. m., nicht aber die pflanzliche ALA (α-Linolensäure). Theoretisch kann ALA zwar in EPA konvertiert werden, tatsächlich sind die Konversionsraten mit unter 10% aber zu gering, um relevante Mengen an EPA produzieren zu können, weshalb wir auf eine ausreichende Zufuhr von EPA und DHA angewiesen sind.

Die Leitlinien der Ernährungs- und der gynäkologischen Gesellschaften [2] tragen bes. der Bedeutung der DHA für die Entwicklung des Sehens und des Nervensystems Rechnung und empfehlen der Schwangeren daher die Zufuhr von mindestens 200mg DHA.

Fazit–Zufuhrempfehlungen in der Schwangerschaft

Gemäß den offiziellen Empfehlungen für die Schwangerschaft sollten zusätzliche Nährstoffe wie folgt eingenommen werden:

  • Folsäure: 400 μg während der ersten 3 Monate
  • Jod: 100–150 μg während der gesamten Schwangerschaft
  • Eisen: nicht zwingend erforderlich, die Eisengabe sollte medizinisch indiziert sein
  • Vitamin D: 800 I. E. während der gesamten Schwangerschaft
  • DHA: mind. 200mg

Nach persönlicher Erfahrung nimmt beinahe jede Schwangere in den ersten Monaten Folsäure. Sehr viele nehmen auch ein Multipräparat, das Folsäure, Eisen, Jod und Vitamin D in Kombination enthält. Wenn überhaupt Omega-3 gegeben wird, dann handelt es sich meist um die 200mg DHA. EPA, das für die Prävention atopischer Erkrankungen bei Kindern wichtig wäre, ist herausgefiltert worden.

Die Menge von 200mg ist eher niedrig angesetzt, wenn man die positiven Effekte von 600mg
aus Studien betrachtet. Nicht selten erhalten Schwangere die Empfehlung, sie seien mit einer Portion eines fetten Fisches pro Woche gut mit Omega-3 versorgt. 100 g Hering oder Sardine enthalten etwa 2000mg EPA / DHA, davon etwa 1⁄3 DHA. Die Schwangere kommt damit auf ca. 300mg Omega-3 und 100 mg DHA pro Tag, was viel zu wenig ist. Die Schwangere müsste demnach viel mehr Fisch essen, was angesichts der heutigen Situation der Meere toxikologische Probleme aufwerfen würde, oder sie müsste deutlich mehr in Form von Präparaten einnehmen. Angesichts der überzeugenden Studienlage erscheint es geradezu fahrlässig, Schwangere nicht sehr gut mit Omega-3 zu versorgen. Selbst wenn Omega-3 in der Schwangerschaft nicht vor Frühgeburten, nicht vor Depressionen, Eklampsien und Diabetes schützen würde, wenn der einzige Effekt die Verhinderung von Todesfällen wäre (nach den aus der oben erwähnten Studie abgeleiteten Schätzungen könnten so allein in Deutschland knapp 10 Todesfälle pro Tag verhindert werden), dann müssten health professionals und Fachgesellschaften mit viel größerem Druck auf eine gute Versorgung mit Omega-3 bestehen.

Dies ist nicht Thema dieses Artikels, aber wenn Schwangere 2–3 g Omega-3 am Tag einnehmen, können als „Nebenwirkung“ Allergien, Asthma und Neurodermitis bei Kindern zu 30–60 % verhindert werden.

Praktische Tipps

Ich messe bei all meinen Schwangeren zu Beginn–besser noch bereits bei bestehendem Kinderwunsch–die Fettsäuren in der Erythrozytenmembran. Dies sollte nicht im Serum erfolgen, da dieser Wert viel zu labil ist. Optimal ist ein AA / EPA-Quotient von ca. 3–bei bestehender Autoimmunerkrankung der Mutter oder bei Atopieneigung in der Familie auch < 2,5–und ein Omega-3-Index von mehr als 8%. Nach 3Monaten kontrolliere ich die Werte und korrigiere die Dosis ggf. nach. Kurz vor oder nach der Geburt sollte dann noch einmal gemessen werden, damit auch in der Stillzeit eine optimale Versorgung von Mutter und Kind gewährleistet ist. Dafür sind meist 2–3 g Omega-3 erforderlich, was ca. 15–20 konventionellen Fischölkapseln mit 500mg Fischöl oder 5–7 großen Fischölkapseln entspricht. Die Einnahme von 1–1,5 EL Fischöl (alternativ bei Vegetarierinnen 1–1,5 TL Algenöl) ist meist viel praktikabler. Das Öl darf nicht ranzig schmecken, dies würde Oxidation anzeigen. Bei der Einnahme von Kapseln rate
ich daher dazu, auf eine Kapsel zu beißen. Omega-3muss immer zu einer fettreichen Mahlzeit konsumiert werden, um eine gute Resorption zu gewährleisten. Ich rate von einer Einnahme des puren Öls ab, weil bei einem guten Präparat nicht der Fischgeschmack, sondern der Ölgeschmack auf Dauer von vielen nicht toleriert wird. In Salatsoße, Suppe, Smoothie oder mit etwas Saft ist die Einnahme meist problemlos. Nur wenige müssen aus geschmacklichen Gründen auf Kapseln ausweichen. Das Präparat sollte nicht nur wenig Oxidation aufweisen (TOTOX-Wert um die 10 oder weniger), sondern auch schadstoffarm sein. Im Zweifel sollte die Schwangere beim Hersteller Analysen des Öles bezüglich Schadstoffen und TOTOX anfordern. Ein seriöser Hersteller wird seine Produkte selbst regelmäßig überprüfen und keine Probleme sehen, dem Kunden diese Daten zur Verfügung zu stellen.

Wenn all dies gewährleistet ist, kann ω-3 zu einer komplikationsfreien Schwangerschaft und der Geburt eines gesunden Kindes enorm beitragen. Selbstverständlich messe ich bei den Schwangeren auch viele andere Nährstoffe, aber neben Vitamin D halte ich die beiden Omega-3-Fettsäuren EPA (bedeutsamer zur Prävention entzündlicher Erkrankungen) und DHA (wichtiger für das Nervensystem) für die wichtigsten Nährstoffe in der Schwangerschaft.

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