Omega-3 Kapseln

EPA oder DHA

– das ist hier die Frage!

DR. MED. VOLKER SCHMIEDEL

Omega-3-Fettsäuren wirken über verschiedene Mechanismen auf unser Immunsystem. Ebenso wie unter Vitamin D kommt es hier zu immunmodulierenden Effekten – ein schwaches Immunsystem wird also angeregt (z.B. bei viralen Infekten), ein überschießendes Immunsystem (z.B. bei Autoimmunkrankheiten oder beim gefürchteten Zytokinsturm bei Covid-19) wird hingegen herunterreguliert. Diese Wirkungen auf das Immunsystem gehen von den Omega-3 Fettsäuren EPA und DHA aus. Da es auf dem Omega-3-Markt Präparate mit unterschiedlichen EPA/DHA-Gehalten gibt, stellt sich die Frage, ob denn nun EPA oder DHA besser antiinflammatorisch wirkt und sich als wirksamer bei bestimmten Krankheiten bzw. Indikationen erweist.

Omega-3-Fettsäuren schützen vor chronischen Entzündungen

Seit Langem ist bekannt, dass Omega-3-Fettsäuren das Immunsystem beeinflussen. So hat man schon in den 50er-Jahren des letzten Jahrhunderts bemerkt, dass Norweger, die im Inland leben, eine 6-fach erhöhte Inzidenz von Multipler Sklerose aufweisen im Vergleich zu den norwegischen Küstenbewohnern. Verantwortlich für diesen gravierenden Unterschied soll die Ernährung im Inland mit einem hohen Konsum an Fleisch- und Milchprodukten sein (Omega-6-Fettsäuren), während an der Küste Fische einen wesentlichen Bestandteil der Nahrung aus- machten (maritime Omega-3-Fettsäuren).

Aus der Grundlagenforschung ist mittlerweile gut bekannt, dass aus EPA entzündungshemmende Hormone wie Leukotriene, Resolvine und Prostaglandine der Gruppe 3 entstehen, während DHA zur Bildung von entzündungshemmenden Protectinen, Resolvinen und Maresinen führt. Nebenbei ist erstaunlich, dass ALA (α-Linolensäure aus pflanzlichen Ölen, z. B. Leinöl) keine Vorstufe irgendeines Hormons darstellt. Die Lehrbücher der Ernährungsmedizin müssten also umgeschrieben werden: Nicht ALA ist eine essenzielle Fettsäure, dieser Rang gebührt ausschließlich EPA und DHA, da nur diese die lebensnotwendigen hormonellen Derivate bilden können. ALA wird nur zur Energiegewinnung „verbrannt“; ein sehr geringer, unbedeutender Anteil von weniger als 10 % wird in EPA umgewandelt.

epa oder dha schmiedel

Eine viel diskutierte Frage ist nun, ob EPA oder DHA die wichtigere antiinflammatorische Fettsäure darstellt. Diese Frage ist keineswegs nur akademisch, sondern hat einen praktisch äußerst relevanten Nutzen, da es EPA- und DHA-lastige Öle gibt. So überwiegt beim Fischöl EPA, während beim Dorschleber- und beim Algenöl DHA dominiert (▶Tab. 1). Welche Öle sind also bei chronischen Entzündungskrankheiten zu präferieren?

Dazu ein Blick auf die Studienlage:

  • In einer Studie von Allaire et al. fand man bei Adipösen, die bereits eine low-grade inflammation (stille Entzündung) aufwiesen, unter DHA bessere Werte des Entzündungsbotenstoffes IL-18 sowie von Adiponectin. Bei CRP, IL-6 und TNF-α gab es allerdings keine signifikanten Unterschiede zwischen EPA und DHA.
  • In einer Metaanalyse verschiedener Studien wurde der Effekt von EPA oder DHA auf den Entzündungsmarker CRP untersucht. EPA führte dabei zu einer CRP-Senkung um 0,56 mg/l, während DHA eine nahezu identische Senkung von 0,50 mg/dl bewirkte.
  • Hohe Dosen von EPA oder DHA hatten ähnliche Effekte auf die Expression vieler entzündungsbezogener Gene in Immunzellen.
  • In einem Tierversuch erhielten Mäuse unter einer high-fat diet zusätzlich EPA oder DHA. Dabei war EPA, aber nicht DHA, in der Lage, die Veränderungen bei TNF-α, IL-10 und Resistin zu verhindern.
  • Eine aktuelle Metaanalyse fand bei 7 RCTs ähnliche Effekte von EPA und DHA auf die Entzündungsmarker bzw. -mediatoren CRP, TNF-α und Adiponectin.

Benötige ich mehr EPA oder DHA?

Es gibt Studien, die auf eine mögliche Überlegenheit von EPA bei entzündlichen Prozessen hinweisen. Für DHA gilt aber dasselbe. Wenn man berücksichtigt, dass sowohl aus EPA als auch aus DHA antiinflammatorische Hormonderivate hervorgehen, wird offensichtlich, dass beide Fettsäuren zur Entzündungshemmung benötigt werden. Wenn eine Fettsäure doch der anderen überlegen sein sollte, so scheint es sich hier um Nuancen zu handeln. Wichtig ist die Gesamtmenge an EPA/DHA. Wenn nun in einem Fischölpräparat etwas mehr EPA als DHA oder in einem Algen- oder Dorschleberöl etwas mehr DHA als EPA enthalten ist, ist dies scheinbar weniger bedeutsam als die Gesamtmenge an EPA plus DHA.

Anders im Gehirn: Bei zerebralen Strukturen und kognitiven Funktionen gibt es eindeutige Hinweise auf eine Überlegenheit von DHA. Zur Prävention oder Therapie von Demenz oder zur Verbesserung der Kognition bei Kleinkindern, Schülern oder Studenten sollte aslo eher ein DHA-lastiges Öl bevorzugt werden.

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