Wofür benötigt der Körper Hormone?

In meinem Artikel „Hormonmangel erkennen und gegensteuern“, der im Dezember 2013 in der Zeitschrift „Naturarzt“ erschienen ist, geht es um die Sinnhaftigkeit einer gezielten und individualisierten Hormontherapie.

Hormone stellen körpereigene Botenstoffe dar und regulieren das Zusammenspiel und die Funktionen vieler Organe. Die Meinungen über Hormone als Arzneimittel sind sehr verschieden.

Millionen Menschen nehmen täglich Hormone ein, ob durch die Antibabypille oder L-Thyroxin auf Grund einer Schilddrüsenunterfunktion. Auch Vitamin D ist genau genommen kein Vitamin, sondern ein Steroidhormon. Ebenso wie Kortison, Östradiol und Testosteron.

Eine vertretbare medizinische Hormontherapie sollte darauf ausgerichtet sein, die körpereigene geschwächte Hormonproduktion zu unterstützen, um ein normales Niveau zu erreichen.

Auch Frauen brauchen männliche Hormone

Eine Hormontherapie sollte demnach lediglich den normalen Zustand wiederherstellen. Aus diesem Grund treten bei einer solchen Behandlung keinerlei Nebenwirkungen auf, wenn regelmäßig Kontrollen stattfinden.

Besonders unsere Nebenniere produziert viele Hormone wie DHEA, Kortison, Testosteron, Progesteron, Östradiol, Aldosteron, Adrenalin und Noradrenalin. All diese Hormone sind für unser tagtägliches Leben wichtig. Selbst Frauen benötigen Testosteron; eine gebärfähige gesunde Frau besitzt im Blut rund zehnmal mehr Testosteron als Östradiol.

In der Naturheilkunde sind die wichtigsten drei Kriterien Natürlichkeit der Substanzen, Regulation körpereigener Prozesse sowie individualisierte Therapie. Eine individuell angepasste Hormontherapie auf Grund eines Hormonmangels erfüllt also all diese Kriterien.

Die Hormone im Einzelenen betrachtet

Cortisol
Cortisol wird auch als Ur-Kortison bezeichnet. Unser Körper bildet daraus viele weitere Kortikoide, die verschiedene Effekte auf den Zucker- und Mineralhaushalt haben. Cortisol ist ein „Stresshormon“ und erhöht den Zuckerspiegel (u.a. notwendig für Kampf und Flucht). Außerdem reguliert es immunologische Prozesse und wirkt entzündungshemmend. Zusätzlich hat es Einfluss auf unser Herz-Kreislauf-System, den Knochenstoffwechsel und das zentrale Nervensystem. Wenn ein Cortisolmangel herrscht, sind wir also nicht mehr leistungsfähig.
Bei allen stark Erschöpften messe ich den Cortisolspiegel. Erhöhte Werte können beispielsweise mit der Heilpflanze Rhodiola (Rosenwurz) herunterreguliert werden. Meist sind die Werte allerdings deutlich erniedrigt.
Eine Kortisonbehandlung ist dann trotzdem nicht unbedingt notwendig. Der Spiegel kann auch mit Hilfe von orthomolekularer und homöopathischer Therapie reguliert werden. Zusätzlich merkt der Patient dies schnell an einer Steigerung der subjektiven Leistungsfähigkeit. Allerdings muss die Nebenniere ausreichend eigene Regulationsfähigkeit aufweisen, ansonsten ist die Einnahme von etwas Kortison notwendig.
DHEA
DHEA steht für DeHydroEpiAndrosteron, woraus alle Geschlechtshormone gebildet werden und ist somit das wichtigste menschliche Hormon.
Zu einem DHEA-Mangel kann es durch Nebennierenschwäche, Eierstockentfernung, „Klimakriterium“ des Mannes, chronische Entzündungen oder chronischem Stress kommen.
DHEA soll vor Krebs sowie Herz-Kreislauf-Erkrankungen schützen und trägt zur zellulären Immunabwehr bei.
Bei Erschöpfung, Haarausfall, trockener Haut, Libidoverlust, Depression, Übergewicht und Infektanfälligkeit beobachte ich oft einen Mangel. Bei hormonabhängigen Tumoren, beispielsweise bestimmte Brustkrebse und Prostatakrebs, sollte sicherheitshalber kein DHEA gegeben werden.
Testosteron
Ein Testosteronmangel kann auf Grund von Stress, Bewegungsmangel, dem „Klimakriterium“ des Mannes oder einer Leberzirrhose entstehen. Symptomatisch zeigt sich dies durch Libidoverlust bei Mann und Frau, erektile Dysfunktion, Müdigkeit, Erschöpfung, trockene Haut, Depression Muskelschwund, Osteoporose, Gynäkomastie, Übergewicht, unerfüllter Kinderwunsch beim Mann, Hitzewallungen, Schlafstörungen und Haarausfall.
Progesteron
Eine der häufigsten Ursachen bei Kinderlosigkeit ist ein Progesteronmangel. Außerdem kann ein solcher Mangel bei Frauen zu Depressionen, Zyklusstörungen, Osteoporose und Schlafstörungen führen. Beim Mann können Potenzprobleme auftreten.
Östradiol
Östradiol gehört zu den Östrogenen und ist das stärkste natürliche Östrogen.
Liegt ein Östrogenmangel vor, kann dies zu trockener Haut und trockenen Schleimhäuten führen. Bei Frauen kann ebenfalls Osteoporose, Depression und Unfruchtbarkeit entstehen.
Melatonin
Melatonin unterstützt den Tagesrhythmus und hilft beim Einschlafen. Außerdem kann es vor Krebs sowie Herz-Kreislauf-Erkrankungen schützen.
Stress und Beta-Blocker sowie Koffein und Nikotin schränken die Melatoninbildung ein.
Insbesondere Helligkeit ist der größte Gegenspieler von Melatonin.

Wann sind Hormondiagnose und Hormontherapie sinnvoll?

Auftretende Symptome sind lediglich Hinweise auf einen Mangel. Eine Messung kann endgültig Aufschluss geben. Speicheltests, die Patienten selbst zu Hause durchführen können kosten für DHEA, Östradiol, Progesteron und Testosteron rund 20 €. Für Melatonin etwa 30 € und ein Cortisolprofil ca. 85 €.
Speicheluntersuchungen sind vergleichbar mit Blutuntersuchungen oder sogar besser, auf Grund von pulsatilen Verläufen einiger Hormone.
Alle beschriebenen Hormone können als naturidentische Hormone gegeben werden. Melatonin, DHEA sowie Cortisol als Creme oder Kapsel. Die Geschlechtshormone Östradiol, Progesteron sowie Testosteron verzugsweise als Creme.
Bekannte Nebenwirkungen wie Krebs, Thrombose, Herzinfarkte und Schlaganfälle bei einer Hormonersatztherapie bei Frauen sind vermutlich einer Überdosierung und nicht den Hormonen selbst zuzuschreiben.

Hormontherapie geht meist sogar ganz natürlich

Tipps für den Alltag
– Leichter Melatoninmangel: geschlossene Jalousien, Schlafmaske tragen und/oder keine abendlichen Speisen mehr
– Leichter Testosteronmangel: Ausdauer- und Kraftsport
Auch bestimmte pflanzliche und homöopathische Mittel können Hormondysbalancen unter Umständen wieder ausgleichen.
In jedem Fall sollte ein erfahrener Therapeut, der sich mit diesen natürlichen Botenstoffen sehr gut auskennt, zu Rate gezogen werden.

Quelle: Naturarzt